Review: Drake – If youre reading this its too late (2015)

Drake ist kein sozialkritischer Rapper. Er ist kein Kendrick oder J.Cole, er bemängelt nicht die sozialen Missstände der afro-amerikanischen Bevölkerung in den USA und nimmt auch nicht Teil am sonstigen politischen Diskurs. Der 28-jährige Kanadier ist aber jemand, der mit seiner Art Musik zu machen polarisiert. Er spiegelt in gewisser Weise den Zwiespalt der Rap Szene wieder. Auf der einen Seite macht er herzzerbrechende Songs, in denen er Ex-Freundinnen hinterher trauert oder sich Gedanken darüber macht was Erfolg eigentlich bedeutet. Auf der anderen Seite ertränkt er in seinen Songs eben diese Trauer mit Erfolg, sprich Geld, Autos, Alkohol und zahlreichen leichten Frauen. Drake zeigt also seine Verletzlichkeit, für die er hin und wieder viel Häme und Witz einstecken muss. Interessanterweise ist er trotz allem einer der erfolgreichsten Interpreten auf seinem Gebiet und somit einer der Großverdiener in der Musikszene. Und genau aus all diesen Elementen setzt sich letztlich die Quelle für sein Output zusammen.

Erfolgsgeschichte geht weiter

In den ersten drei Alben Thank me Later (2010), Take Care (2011) und Nothing was the Same (2013) mischte Drake seine introvertierte und nostalgische Art immer mit zwischenzeitlichen „Braggadocio“ Nummern wie Started from the Bottom, Worst Behavior, The Motto, All Me etc. Zu der Dualität seiner Albumkonzepte kommt passend hinzu, dass er seit Tag 1 Gesang mit Rap kombinierte, um aus der Masse heraus zu stechen.

Im Februar 2015 kam dann ohne große Ankündigung der nächste Longplayer auf den Markt namens If youre reading this its too late und brachte dem Musiker einen Spotify Streaming Rekord ein, sowie eine beachtliche Verkaufszahl von 495.000 Einheiten innerhalb der ersten drei Tage. Ein Marketingstrategie, von welcher danach auch andere Künstler in ähnlicher Weise versucht haben zu profitieren. Ob es ein Album oder Mixtape ist, war Teil einer Diskussion, welche aber letztlich irrelevant und relativ klar zu beantworten ist. Schließlich handelt es sich hierbei um ein kommerzielles Produkt, welches vertrieben worden ist und keine Remakes oder Remixe aufweist. Das Werk scheint professionell abgemischt worden zu sein, was sich wiederum in einer guten Hörbarkeit niederschlägt und welches dadurch weniger Mixtape Charakter aufweist (hier sei erwähnt, dass immer mehr Tapes auditiv auf Album-Niveau kommen). Da es sich nicht um kostenlos erwerbliche Musik handelt, fällt es für mich daher auch eher unter die Kategorie „Album“.

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Der Sound wird „rougher“

Soundästhetisch ist IYRTITL vom Gesamtbild her deutlich härter und lyrisch geht es ebenfalls vermehrt um Prahlereien, sowie den Status, welchen Drake mittlerweile in der Raplandschaft genießt. Gemessen an den Verkaufszahlen, sowie der Anzahl erfolgreicher Kollaborationen mit anderen Künstlern, kann man Drake auf der Ebene nur neidlos zustimmen. Für die Beats haben sich mal wieder überwiegend Noah Shebib und Boi-1da verantwortlich gezeigt, welche Drake auch zuvor schon seinen ganz eigenen Sound bescherten. Obwohl Nummern wie Know Yourself, Madonna, Star 67, Preach, Company und Jungle allesamt ruhig veranlagt sind, passen sie perfekt zu dem omnipräsent arroganten, roughen und düsteren Sound, welcher vor allem durch anschwellende und dröhnende Bässe, Synthie-Sounds und klirrende Drums entsteht. Meist ist die Melodie simpel gehalten und stark repetitiv, wie z.B. das Klavier in Energy, die Glocken in 10 Bands oder die Flöte in No Tellin. Und obwohl viele andere Producer am Werk mitgearbeitet haben, klingt es sehr homogen und auf einen Stil ausgerichtet.

Lyrics passen zur Soundästhetik

Angefangen wird mit der von PARTYNEXTDOOR produzierten Nummer „Legend“, in welchem der Rapper nichts geringeres behauptet als das wenn er sterbe, er zur Legende werden würde. Nett ist das Ginuwine Sample „So anxious“, welches hier als Hintergrund Melodie verwendet wird. Es folgen Nummern wie „Energy“ und „10 Bands“, in welchem Drake über die Kehrseiten des Erfolgs spricht, wie z.B. dass er gestresst ist und nicht in Ruhe gelassen wird und die zahlreichen Feinde/Hater ihn immer wieder auf die Probe stellen. In „Know Yourself“ spricht der Rapper über seine Freunde und seinen Legendenstatus, sowie darüber, dass es ihm missfällt wie ernst sich andere Rapper nehmen. „No Tellin“ beschreibt das Leben als Superstar und die zwei Gesichter vieler Leute, welche falsche Behauptungen aufstellen und sich nicht immer fair und respektvoll verhalten. Mit „Madonna“ folgt ein klassischer Lovesong, welcher aber sofort mit Songs wie „6 God“ und „Star67“ abgelöst wird, welche sich hauptsächlich mit dem Thema der Authentizität beschäftigen und dem Ausmaß seines Erfolgs, welcher dazu beitrüge, dass sein Sound eine komplette Stadt wie Toronto (seine Heimatstadt) definiere. In „Used to“ wird der Umgang mit dem großen Erfolg angesprochen und dass man dies ebenso erlernen muss wie mit den Leuten umzugehen, die hinter dem Rücken über einen redeten. In „Now & Forever“ wird scheinbar das Ende einer Beziehung thematisiert, allerdings könnte man hier auch die aktuelle Label-Situation von Drake in Betracht ziehen, da er Differenzen mit dem Label Chef Birdman hat und bei „Cash Money Records“ sowieso ein großer Umbruch bevor zustehen scheint. „Company“ beschreibt, welche Eigenschaften eine Frau aufweisen muss um Drake zu gefallen und seine Sehnsucht nach einem Menschen, welcher an seiner Seite ist.

FAZIT

Mit seinem aktuellsten Werk bleibt sich Drake sowohl lyrisch als auch soundtechnisch treu und schreibt seine Erfolgsgeschichte weiter. Der Sound erinnert sehr an die vergangenen Alben, ist aber dennoch etwas aggressiver veranlagt. Prinzipiell gibt er den Fans und Hörern, die schon immer ein etwas härteres Album haben wollten, genau das. Lyrisch bewegt er sich auf ähnlichem Terrain wie zuvor, bloß das den Lyrics mehr und mehr anzumerken ist, dass Drake seine Authentizität und Realness unter Beweis stellen möchte, indem er einfach kein Blatt vor den Mund nimmt. Verblüffend ist die Tatsache, dass soviele Leute an den Songtexten mitgeschrieben haben, wenn man bedenkt, dass sie sehr persönlich und teils sehr einfach gehalten werden. Sehr wohl sind es aber wohl gerade die Einfachheit und gleichzeitige Verfänglichkeit der Lyrics, kombiniert mit sehr effektvollen Drumkits, welche einem so viele Ohrwürmer bescheren. Von mir ein starkes B+!


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